Sonntag, 30. April 2006

meine Spatzen

hallo Leute,
 
seit ich in dieser Wohnung bin (wow, das werden auch schon bald 12 Jahre) habe ich in geringem Abstand unter dem Fenterbrett meines "Wohnzimmerfensters" ein Spatzennest. Dort macht die Regenrinne einen Knick, und der hat sich offenbar geeignet, dort ein Nest zu bauen. Ich habs im ersten Jahr nicht gleich bemerkt, aber meine Notizen belegen, daß ich seit 1995 einen vermehrten "Flugverkehr" vor meinem Fenster bemerkt habe. Es dauerte noch weitere drei Jahre, bis wir uns irgendwie näherkamen. In den Sommermonaten stehen meine Fenster grundsätzlich sperrangelweit offen und ich habe offenbar 1998 oder 1999 beschlossen, daß mein "Sommer" bereits im Mai anzufangen und also mein Fenster offenzustehen hat.
 
Die Folge: ich bekam plötzlich Besuch. Im Juni 1999 verirrten sich zwei Jungvögel offenbar und saßen auf einmal auf meinem Tisch. Sie waren noch gar nicht richtig flügge, nur einer konnte davonflattern, als ich ihnen näher kam, der andere war offenbar nur müde und hüpfte, als ob ers gelernt hätte, auf meinen Finger. Ich wußte nicht, was ich ihm eventuell zu essen hätte anbieten können (Spatzenkinder mögen Insekten, wovon es in meiner Wohnung grade keine gab, erwachsene Spatzen mögen dagegen Getreidekörner). Er hat mir das nicht weiter übelgenommen, und er wollte offenbar bloß seine Ruhe - aber er ging mir nicht mehr vom Finger. Also hab ich diese vielleicht drei Gramm Spatz mit der anderen Hand vorsichtig runtergenommen und so sanft wie möglich auf meinen Monitor gesetzt, weil ich grade was schreiben wollte. Das gefiel ihm. Er blieb rund zwei Stunden sitzen, und dann wurde es ihm zu langweilig und er flog wieder davon.
 
Aber er hatte offenbar seinen Eltern und Geschwistern erzählt, daß meine Wohnung ungefährlich wäre. Es dauerte gar nicht so lange, bis sie alle der Reihe nach mal probeweise zu einem Rundflug in meinem Wohn-/Arbeitszimmer ansetzten, und 2002 hatten sie dann herausgefunden, daß man auf meinem Monitor gut sitzen kann und daß ich eine Fernsehkarte habe - also Unterhaltung und aktuelle Information vom feinsten. Sie kamen fast jeden Tag, im Extremfall hatte ich plötzlich sieben Spatzen nebeneinander auf meinem Monitor sitzen (da wurde der Platz schon eng, aber es war ihnen wurscht, wenn ich in nur rund 30 Zentimeter Abstand irgendwas auf der Tastatur eintippte), und zumindest Mama und Papa fanden dann immer mal auch irgendwelche mir und meinem Staubsauger verborgen gebliebene Brotkrümel und pickten die bei kurzen Bodeninspektionen vom Teppich. Und kamen dann zurück zur Familie, die brav weiterhin auf meinem Monitor saß und sich leise unterhielt. Wenig später fanden sie offenbar auch Geschmack an Spaghetti und klauten mir sogar welche von der Gabel.
 
Kurz: meine "Wohngemeinschaft" hat sich so entwickelt, daß ich in den letzten drei Jahren ab etwa Ende April bloß noch das Fenster aufzumachen brauche, und schon sitzt ein kleiner Gast auf meinem Bildschirm und bettelt. Es müssen Spaghetti sein, aber wenn ich grade keine habe, tun es auch ein paar Erdnußkrümel oder eben Brotkrümel. Sie dürfen jederzeit wieder davonfliegen, sind also nicht "eingesperrt", und bisher hat auch noch nie einer mir irgendeinen "Klecks" hinterlassen. Es sind halt höfliche Spatzen, die wissen, wie man sich einem Gastgeber gegenüber benimmt (öhm - doch, einmal hat einer was in meinen eh schon vollen Aschenbecher "gemacht").
 
Spatzen haben eine Lebenserwartung von höchstens etwa 12 Jahren. Das heißt, ich habe wahrscheinlich mittlerweile drei Generationen zu Besuch gehabt. Sie müssen es sich also irgendwie weitergesagt haben. Und sobald die jeweils "aktuelle Generation" genügend Vertrauen entwickelt hat, fliegen sie auch schonmal zu Erkundungsflügen in die Küche oder ins Bad (falls die Tür grade offen ist). Nur einmal gab es vor drei Jahren, im Juni 2003, eine kurze Unterbrechung: da hatte sich tasächlich ein junger Turmfalke durchs offene Fenster in meine Wohnung verirrt. Ich fand morgens eine kopflose tote Maus neben meiner Tastatur liegen, der Falke selber saß völlig verängstigt unter dem Sofa. Er war aber gesund (wie ein kurzer Check beim Amtstierarzt zeigte), und ich habe ihn denn auch gebeten, mir keine kopflosen Mäuse mehr mitzubringen, ehe ich ihn aus dem Fenster, das er als Eingang benutzt hatte, wieder davonfliegen ließ. Seine Mama saß übrigens noch auf dem Dach des Hauses gegenüber und wird den Jungen wohl getadelt haben, daß er seine Maus doch bitte hätte auffressen sollen ...
 
Meine Spatzen m체ssen mir diesen Falkenbesuch 체belgenommen haben. Sie kamen erst im August wieder hereingeflattert, w채hrend eines Gewitters, und taten so, als w채re nie nichts gewesen.
 
Ich habe noch ein paar mehr "Vogelgeschichten" (beispielsweise ist mir im vergangenen Jahr 2005 mal morgens gegen 4.40 Uhr eine junge halbflügge Amsel durchs offene Schlafzimmerfenster mitten ins Bett geplauzt und hat mich aus dem Schlaf gerissen und mehr als erschreckt), aber die eindrücklichste ist wegen ihrer Kontinuität die Beziehung zu "meinen" Spatzen. Was sie im Winter machen, weiß ich nicht. Aber jetzt kommt ja wieder die Zeit, in der ich das Fenster aufmachen kann, und tatsächlich saß heute der erste schonmal auf dem Fensterbrett _in_ meiner Wohnung und schaute sich ein paar Sekunden um. Vielleicht hat er nun den anderen erzählt, daß es wieder losgeht und man bei mir mitlesen kann, wenn man sich auf den Monitor setzt ...
 
Wie ist das bei euch mit solchen "Besuchen"? Gibt es die? Und wie sind sie zu bewerten - darf man sich einfach nur daran freuen?

5 Kommentare:

  1. Hallo Amadeus! Das ist aber eine ganz liebe Geschichte, die du uns da erz채hlt hast. War so lieb zum Lesen. Wenn du noch mehr solche Geschichten auf Lager hast, dann bitte her damit. Ich freue mich schon drauf. Lg Anny

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  2. Hi Amadeus, dürfen Spatzen Erdnußkrümel essen? Wellen- und Nymphensittiche dürfen es nicht, der Salzgehalt ist viel zu hoch. Gerade wegen dem Salz ist auch Brot schwierig, Weißbrot ist absolut tabu. Aber du als Naturfreak weißt das sicher. Lieben Gruß Gret

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  3. hallo amadeus habe auch v철gel und zwar ziehe ich immer krähen auf, die beim tierarzt abgegeben wurden , leider ist es  bei den krähen so, dass sie, wenn sie flügge geworden sind, sich einer gemeinschaft anschliessen und nicht mehr kommen nur im winter habe ich ihnen einen futterplatz eingerichtet, wo ich sie mit katzen-hunde oder restfutter f체ttere. da kommen sie immer zu sechst und die beobachten mich schon, wenn ich aus der haustüre raus gehe, wehe wenn ich mal nicht füttere, weil menschen, die es nicht verstehen in der nähe sind, da gibt es ein mords geschrei. dann fliegen sie hinter mir her und warten auf die nächste gelegenheit. sobald der schnee geschmolzen ist und die bauern wieder misten, wissen sie es gibts nichts mehr. aber sie fliegen oft hinter mir und meinem hund her und ich kann bis zu einem meter  an sie ran. mein hund jagdt sie immer, wenn er nur einen schwarzen vogel im feld sieht(aber die sind zu schlau und 채rgern sie auch noch). also  ich habe auch einige vögel und einen vogel sowieso gruss connie

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  4. Hallo Ama danke........nette geschichte...... ein bild dazu  hast du nicht?? ich habe auch ein spatzenhotel unter meinem balkon..... letztes jahr gabs ein colibri nest in meinem  blumentopf.... nur die frechen Stellar Jay, sie sehen aus wie bluebirds, machen ein krach.....sie stehlen das katzenfutter..aber ich lasse sie gruss Charlotte

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  5. ja so ein leben mit federvieh macht schon spaß   und man sollte sich einfach dran erfreuen ama, ich kenne da keine "wertung"   mein vogelhaus-balkon im 4. stockwerk ist bekannt: 3 meisenk채sten und ein amsel-brut-korb - und jedes jahr erlebe ich neue 체berraschungen:   das begann gleich nach unserem einzug 1978 mit einem amselnest auf einer der höheren blumen-etagèren - da sie das nest auf die stangen legte und mit schlamm auspolsterte, wurde das ganze natürlich feucht und irgendwann beim *abrunden* der innenhöhlung brach sie mit einem fuß durch - also legte ich ihr einen plastikteller unter das nest und es klappte - muss die bilder mal einscannen . . .   die ersten jungen "half" ich f체ttern mit regenw체rmern - sie wurden so zahm, dass sie auch nach dem runterfliegen jedem menschen nachflogen und das bekam ihnen nicht so gut *l채chel*   also muss die amselin ihre jungen seitdem alleine durchbringen - h철chstens dass ich ihr mal ein w체rmchen aufs gel채nder lege *g*   dann kamen die meisen dazu - kleines einflugloch für blaumeisen, großes für kohlmeisen - bald erkannte ich, dass 2 kästen für 2 paare nicht reichen, denn während der brut (und auch im winter) schläft meiserich in einem der anderen kästen - der dritte ist meist von einem spatz belegt, der da aber nur schläft - ich habe übrigens schon im dritten jahr einen spatz mit einem stark verkrüppelten beinchen - er sitzt immer nur auf dem bauch oder hüpft auf dem einen bein - aber er frisst alles was er findet und gedeiht scheinbar gut . . .   meist nisten die kohlmeisen und dann darf die blaumeise nicht - aber in EINEM jahr hatte ich einen solch frechen blaumeiserich, dass er die kohlmeisen in die flucht schlug - dieses jahr habe ich 체brigens einen so frechen kohlmeiserich, dass er die amsel in die flucht schlug > die wollte n채mlich statt rechts an der k체chenwand in ihrem k철rbchen auf SEINER seite bauen und das hat er durch ewiges lautes gezeter zu verhindern gewusst *g*   die spatzen w체rden auf der seite auch gern bauen im efeugestr체pp, aber er l채sst sie nicht   meisen haben 체brigens massig nachwuchs - ein einziges mal ist es mir bisher fr체hmorgens gelungen, den "auszug_der_kinder_meise" zu beobachten und z채hlte sagenhafte 15 winzige fusselb체ndel, die da aus dem kasten geschl체pft kamen - sich auf dem balkon verteilten und da

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