Dienstag, 31. März 2009

Erinnerungen - von Ingrid Waschke

mit dank an die schreiberin!

Für Tiffany aufgeschrieben

 

– 1998 –

von Ingrid Waschke

 

 

Natürlich könnte ich sagen, ich schreibe meine

„Memoiren“ oder „Lebensbeichte“, so wie es

heutzutage  jeder Hans und Franz zu tun pflegt

aber Großspurigkeit entspricht nicht meinem

Wesen und daher nenne ich meine Schreiberei

schlicht und einfach:

 

Erinnerungen.

 

Manche sagen von mir, ich sei eine Lady.

Ich meine, das ist zu hoch gegriffen aber hier

und da nennt mich jemand  „Madame“, das

gefällt mir gut.

Im Allgemeinen begegnet man mir mit Respekt,

sicher nicht nur wegen meines fortgeschrittenen

Alters sondern weil ich eine Persönlichkeit bin.

Ich bin jetzt um die neunzig Jahre. Verzeihen Sie

 mir die kleine Ungenauigkeit, aber ein bisschen

geheimnisvolles Schäkern mit dem Alter sei mir

gestattet.

 Geboren wurde ich als älterer Zwilling unter dem

                                       Sternzeichen des Löwen.                                                        

Meine Mutter bemühte sich in den ersten Wochen

rührend  um meine Schwester und mich obwohl sie

vermutlich nicht besonders glücklich war über

unsere Geburt. Wir waren das Ergebnis einer

heißen Liebesnacht mit dem Dorfcasanova,

 der sich natürlich am Morgen danach für immer

aus dem Staub machte.

                                                                 

Als wir aus dem Gröbsten heraus waren, verlor

unsere Mutter das Interesse an uns und wir kamen zu

verschiedenen  Pflegeeltern.

Bei meiner Pflegefamilie war ich bestens aufgehoben,

dass merkte ich sehr bald. Alle gingen liebevoll mit

mir um und ich habe sie ebenfalls lieb gewonnen.

 

Was soll ich erzählen; ist man jung, ist man wild,

abenteuerlustig und neugierig darauf, was das Leben

zu bieten hat. Wild bin ich in meinem Alter nicht mehr

aber die Neugier und die Abenteuerlust ist geblieben,

bis auf den heutigen Tag.

Mit meiner Familie zusammen bin ich viel auf Reisen,

zu Lande, zu Wasser und zur Luft. Meistens vertrage

ich das Autofahren nicht sehr gut, jedoch nach zwei

 Tagen habe ich den Reisestress

abgeschüttelt.

                                                                                  

Seit vielen Jahren fahren wir auf eine kleine

dänische Insel, dort erholen wir uns alle am besten.

Wobei ich persönlich den herrlichen Wald,

den Ostseewellen vorziehe. In jungen

 Jahren ging ich dort zur Jagd, mittlerweile

genieße ich das  Faulenzen auf der Sonnenterrasse.

 Angenehm warme Sonnenstrahlen sind gut für

meine alten Knochen. Ach ja, die Knochen, wehtun sie,

 wenn man in die Jahre kommt.  Die Sehkraft lässt nach

und ein wenig auch das Gedächtnis, glücklicherweise

funktioniert mein Gehör noch ausgezeichnet

und diesem Umstand verdanke ich, stets auf

dem Laufenden zu sein.      

Ein wahres Elend ist die Beschaffenheit meiner

Zähne, doch ich will mich nicht beschweren, meine

Familie kümmert sich rührend darum, sodass ich

trotzdem auf keine Leckerei verzichten muss und eine

Feinschmeckerin bin ich fürwahr, oh ja! Gelegentlich

 habe ich dadurch leichte Probleme mit meinem Gewicht,

 jedoch hat sich das nie negativ auf meinen geschmeidigen,

fast pantherähnlichen Gang ausgewirkt, um den ich

noch heute vieler Orts beneidet werde.

 

Nach wie vor lege ich großen Wert auf mein Äußeres und

das macht mich gleich um ein paar Jährchen jünger, ach

 herrje, die liebe Eitelkeit.

                                              

Verehrer, weiblichen wie männlichen Geschlechts, hatte

 ich mein Leben lang mehr als genug, war jedoch nie an

einer festen Bindung interessiert. Allein der Gedanke Kinder

zu kriegen, Schreck lass nach. Wahrscheinlich handelt es

sich hier um ein Trauma, ausgelöst durch den Windhund

von Vater.

 

Nie habe ich etwas in dieser Richtung vermisst, es hätte

mich nur Zeit gekostet und wahrscheinlich bei meinen

Beobachtungen und Einschätzungen der Menschen gestört.

 Diese Spezies habe ich studiert und bin nunmehr auf

Grund meiner langjährigen Erfahrungen sogar in der

Lage, sie zu manipulieren.

Das hört sich zwar gefährlich an aber ich nutze diese

Möglichkeit nur zu meinem eigenen Wohlbefinden, wer

 kann mir das verdenken?

So hasse ich zum Beispiel Veränderungen im häuslichen

Bereich. Ein geänderter Tagesablauf oder gar Gäste, sind mir

ein Gräuel  und mein Missfallen daran zeige ich offen und

ehrlich, das muss man mir bitte nachsehen. Zeige nie bei der

ersten Begegnung, dass du Sympathie empfindest,

hätte ich meinen Kindern als Ratschlag mit auf den Weg

gegeben, meistens wird es ausgenutzt

und ein offenes Herz ist leicht zu verletzen.

                                                                                  

Wie viele Jahre mir noch bleiben, weiß ich nicht aber

 wenn eines Tages meine letzte Stunde schlägt, dann wird

meine Familie bei mir sein und ewig werde ich  in

ihren Herzen weiter leben.

 

Das zu wissen macht mich glücklich und dankbar.

 

 

  

 

Tiffany von Waschke


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