Die Parabel vom Bambus *~**~* Es war einmal ein wunderschöner Garten, der lag im Westen des Landes, mitten in einem großen Königreich. Dort pflegte der Herr des Gartens in der Hitze spazieren zu gehen. Ein edler Bambusstamm war ihm der Schönste und Liebste von allen Bäumen, Pflanzen und Gewächsen im Garten. Jahr für Jahr wuchs dieser Bambus und wurde immer anmutiger. Er wusste wohl, dass der Herr ihn liebte und seine Freude an ihm hatte. Eines Tages näherte sich der Herr nachdenklich seinem Bambus, und in seinem Gefühl großer Verehrung neigte sich der Bambus mit seinem mächtigen Kopf zur Erde. Der Herr sprach zu ihm: „Lieber Bambus, ich brauche dich.“ Es schien, als sei der Tag aller Tage gekommen, der Tag für den der Baum geschaffen worden war.  Der Bambus antwortete leise: „Herr, ich bin bereit, gebrauche mich, wie du willst.“ „Bambus“, die Stimme des Herrn war ernst, „um dich zu gebrauchen, muss ich dich beschneiden!“ „Mich beschneiden? Mich – den du, Herr, zum Schönsten in meinem Garten gemacht hast! Nein, das nicht, bitte nicht. Verwende mich doch zu deiner Freude, Herr, aber bitte beschneide mich nicht!“ „Mein lieber Bambus“, die Stimme des Herrn wurde noch ernster, „wenn ich dich nicht beschneide, kann ich dich nicht gebrauchen.“ Im Garten wurde es ganz still. Der Wind hielt den Atem an. Langsam beugte der Bambus seinen herrlichen Kopf. Dann flüsterte er: „Herr, wenn du mich nicht gebrauchen kannst, ohne mich zu beschneiden, dann tue mit mir, was du willst; beschneide mich.“ „Mein lieber Bambus, ich muss dir aber auch deine Blätter und Äste abschneiden.“ „Ach Herr, davor bewahre mich. Zerstöre meine Schönheit – aber lass mir doch meine Blätter und meine Äste!“ „Wenn ich sie dir nicht abhaue, kann ich dich nicht gebrauchen.“ Die Sonne versteckte ihr Gesicht. Ein Schmetterling flog ängstlich davon. „Herr, schlage sie ab.“ „Mein Bambus, ich muss dir noch mehr antun. Ich muss dich mitten durchschneiden, und dein Herz herausnehmen. Wenn ich das nicht tun kann, kann ich dich nicht gebrauchen.“ Da neigte sich der Baum bis zur Erde: „Herr, schneide – und teile!“ So schnitt der Herr des Gartens den wunderschönen Bambus, hieb seine Äste ab, entfernte seine Blätter, teilte ihn in zwei Teile und schnitt sein Herz heraus. Dann trug er ihn dahin, wo schon aus einer Quelle frisches sprudelndes Wasser sprang, mitten in die trockenen Felder. Dort legte der Herr des Gartens seinen geliebten Bambus vorsichtig auf den Boden. Das eine Ende des abgeschlagenen Stammes verband er mit der Quelle, das andere Ende führte er zu der Wasserrinde im Feld. Die Quelle sang ein Willkommen, und das klare glitzernde Wasser schoss freudig durch den zerteilten Körper des Bambus, wie in einen Kanal. Er floss auf die dürren Felder, die so darauf gewartet hatten. Dann wurde der Reis gepflanzt, und die Tage vergingen. Die Saat ging auf, wuchs und die Erntezeit kam. So wurde der einst so herrliche Bambus zum großen Segen. Als er noch groß und schön war, wuchs er nur für sich selbst. Er freute sich an der eigenen Schönheit. Als er sich hingegeben hatte, wurde er zum Kanal, den der Herr gebrauchte, um sein Land fruchtbar zu machen. 
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