Donnerstag, 6. November 2008

von 1930 !!

 

Wenn die B철rsenkurse fallen,

regt sich Kummer fast bei allen,

aber manche bl체hen auf:

Ihr Rezept heiß Leerverkauf.

Keck verh철kern diese Knaben

Dinge, die sie gar nicht haben,

treten selbst den Absturz los,

den sie brauchen - echt famos!

Leichter noch bei solchen Taten

tun sie sich mit Derivaten:

Wenn Papier den Wert frisiert,

wird die Wirkung potenziert.

Wenn in Folge Banken krachen,

haben Sparer nichts zu lachen,

und die Hypothek aufs Haus

heißt, die Bewohner müssen raus.

Trifft's hingegen große Banken,

kommt die ganze Welt ins Wanken -

auch die Spekulantenbrut

zittert jetzt um Hab und Gut!

Soll man das System gef채hrden?

Da muss eingeschritten werden:

Der Gewinn, der bleibt privat,

die Verluste kauft der Staat.

Dazu braucht der Staat Kredite,

und das bringt erneut Profite,

hat man doch in jenem Land

die Regierung in der Hand.

F체r die Zechen dieser Frechen

hat der Kleine Mann zu blechen

und - das ist das Feine ja -

nicht nur in Amerika!

Und wenn Kurse wieder steigen,

f채ngt von vorne an der Reigen -

ist halt Umverteilung pur,

stets in eine Richtung nur.

Aber sollten sich die Massen

das mal nimmer bieten lassen,

ist der Ausweg l채ngst bedacht:

Dann wird bisschen Krieg gemacht.

Kurt Tucholsky, 1930, verffentlicht in "Die Weltb체hne"

 

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