Freitag, 18. Mai 2007

meine Nichte

hallo,
 
ich habe mein neues Spielzeug bei einem Besuch in Dresden dabeigehabt - in Dresden wohnt meine jüngste Schwester, und ich mußte dorthin fahren, weil es bei einer in Dresden angesiedelten Firma im Moment ein sehr lukratives Jobangebot für mich gibt. Was man von Dresden im Allgemeinen kennt, ist ja sowas:
 
 
Ihr kennt das: das ist das Kronentor des Dresdner Zwingers, und nat체rlich geh철rt es auch f체r mich dazu, bei meinen seltenen Besuchen in der s채chsischen Hauptstadt dort mal vorbeizutappeln.
 
Was ich euch aber nach ein paar Überlegungen zeigen möchte, ist meine Nichte.
 
 
Vermutlich sieht man es auf dem Foto ziemlich deutlich: das ist eine "Behinderte". Und obwohl das Foto ein relativ kindliches Gesicht zeigt, ist sie mittlerweile mit ihren 18 Jahren "vollj채hrig". Hier ist sie ein paar Minuten sp채ter nochmal mit ihrem Vater am Fr체hst체ckstisch:
 
 
Man sieht es nicht so ganz deutlich, aber Juliane ist nur in der Lage, flüssige oder fein pürierte Nahrung zu sich zu nehmen, und es dauert ... nach jedem Schluck fängt sie fürchterlich zu husten an. Sie kann keine gezielten Bewegungen vollführen, wird niemals laufen lernen, kann nicht sprechen und wäre ohne die Fürsorge ihrer Eltern niemals 18 geworden. Als mit etwa einem halben Jahr die Diagnose feststand, was sie hat (ihr fehlt das komplette Kleinhirn), gaben die Ärzte ihr eine Überlebenschance bis allerhöchstens zum zweiten Lebensjahr. Und jetzt ist sie 18. Meine Schwester und mein Schwager haben de facto ihr gesamtes Leben auf dieses Kind ausgerichtet, und ich kriege, wenn ich denn mal dort bin, natürlich auch mit, was die "Politik" mit den prima Vorschlägen unserer Familienministerin bewirkt. Juliane wird immer auf ihren Rollstuhl angewiesen sein - aber so ein Rollstuhl kostet Geld. Und das "Familiengeld", das jetzt gezahlt wird, gilt für Kinder, die noch nicht volljährig sind. Juliane ist aber seit kurzem volljährig.
 
Allerdings hat sie einen jetzt achtj채hrigen Bruder. Ein aufgeweckter Junge, der schon prima Klavier spielen kann und Franz철sisch spricht.
 
 
Der Junge ist klasse, ich habe ihn nur dazu überreden können, sein Kinderzimmer derart aufzuräumen, wie es auf dem Bild aussieht (vorher wars ein geniales Durcheinander, in dem man kaum treten konnte, aber das Foto davon zeige ich vielleicht später, unaufgeräumte Knderzimmer kennt ihr vermutlich alle), weil ich ihm versprochen habe, daß ich mit ihm MauMau spiele, sobald er mit dem Aufräumen fertig ist und ich ein "ordentliches Kinderzimmer" fotografieren kann.
 
Ich weiß nicht wirklich, ob das für euch ein Thema ist. Also, wie man in einer Familie lebt, in der beide Eltern berufstätig sind, die schwerstbehinderte Tochter aber rund um die Uhr betreut werden muß und der achtjährige Sohn dagegen dann ein "Hochbegabter" geworden ist. Vermutlich sind solche Familienkonstellationen auch nicht allzu häufig. Aber vielleicht kann man mal ein bißchen darüber philosophieren, wie unsere "Gesellschaft" mit den Behinderten umgeht.

5 Kommentare:

  1. guten morgen mein lieber amadeus - nein, sagen wir besser ganz privatim: mein lieber christoph!   mit diesem beitrag hast du vermutlich erst eine hemmschwelle 체berschreiten m체ssen und ich bewundere dich sehr daf체r   es ist durchaus leicht, aus dem privatleben gutes und sch철nes zu berichten und zu fotografieren, aber wer wagt sich schon ran an problemf채lle in familie und umgebung   romaine brauchte auch meine ausdrückliche ermunterung, ehe sie  über ihre ausstellungen und ihre initiative  aus Romaine쨈s Atelier II berichtete und auch goldi musste erst sanft  "gestuppst" werden, bis sie uns am frohen anlass 3.5.07 erster Tag meiner Selbstst채ndigkeit  teilhaben ließ - es ist wohl schwer, über seinen schatten zu springen.   umso mehr begrüße ich deine anregung und würde gerne mehr hören - mehr über deine nichte, die du uns als ein fröhliches menschenkind vorstellst, das behütet aber frei im kreise der familie aufwachsen darf - und nicht als ein verzweifelt krankes, das in einem heim dahinvegetiert - mehr über deinen neffen, der mir in der seele leid tut, dass er all seine schönen sachen wegräumen musste, um dir ein mau-mau-spiel abzuluchsen *grins*   hoffentlich findet er f체r alles wieder den richtigen platz und f체hlt sich dann wieder wohl in seiner bude *g* - und DAVON h채tt ich eher gern ein bild gesehen *lach*   dein gedanke: "wie die gesellschaft mit behinderung umgeht" klingt natürlich in deiner schilderung AUCH an - MEHR aber, wie eine gute familie mit diesem "schicksalsschlag" - darf man so sagen? ich denke ja! - fertig wird und es trotzdem schafft, noch lebensfreude zu "leben"!   solche menschen wie deinen schwager und deine schwester bewundere ich grenzenlos und finde wie du, dass ihnen nicht gen체gend geholfen wird - nur: WIE?   es w채re doch schon gut, wenn zumindest bei der betreuung hilfeleistungen der kasssen da w채ren und die frage nach einem rollstuhl d체rfte sic

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  2.   Hallo Amadeus,   ich glaube schon, dass es für uns ein thema ist!  und  "dar체ber philosophieren, wie unsere "Gesellschaft" mit den Behinderten umgeht."   Als Ergotherapeuthin habe ich  mein halbes Berufsleben mit behinderten Kindern und Jugendlichen verbracht und bin nun selbst seit geraumer Zeit chronisch krank/behindert. (als Spätfolge nach Bestrahlung wg. Mammakarzinom arbeitet meine Lunge nur noch zu ca. 1/3 und ich bin ohne 16stündige tägliche Sauerstoffzufuhr nicht überlebensfähig). Ich kenne also beide Seiten der " Medaille".   Zur Beurteilung des Verhaltens von Mensch (als Teil der Natur) und seiner Artengruppe (Gesellschaft) dem Behinderten/Kranken und Alten gegenüber muss man folgenden Hintergrund berücksichtigen :   Erstes und oberstes Ziel der Natur ist die Reproduktion und die Vermehrung. Enstehen dabei Lebensformen die nicht selbständig überlebensfähig sind, sterben sie ab oder wie bei Säugetieren, werden die Jungtiere nicht vom Muttertier angenommen und dem Tod überlassen. Ebenso wird ein "alter" Organismus, d.h. der seine Reproduktionsfähigkeit verloren hat, von der Natur nicht mehr "repariert", weil sie an ihm kein Interesse mehr hat. Kranke und schwache/alte Tiere werden  von Artgenossen  auch vom Futter weggetrieben damit die  Reproduktionsfähigen überleben.   Es fällt uns sehr schwer zu akzeptieren, dass noch tief im Menschen  das Urtier schlummert. Andererseits hat der Mensch im Laufe seiner Entwicklung ethische und religiöse Grundsätze geschaffen, die ihn vom tierischen Verhalten unterscheiden und zum Menschen machen.   Doch damit gerät der "vermeintlich" Gesunde  häufig in einen Konflikt, abzulesen an seinen Ängsten, der Sprachlosigkeit, des Wegkuckens bis hin zur totalen Ablehnung im Umgang mit dem "Andersartigen". Die Verhaltenspalette ist da so zahlreich wie es Individuen gibt. Da verletzende oder befremdliche Reaktionen nicht selten sind, kann man einem Behinderten und/oder seinen Angehörigen die "noli me tangere" (Berühre mich nicht) Haltung nicht verdenken. Jeder muss mit sich selbst ausmachen, wie er zum Problem steht und dabei sich darüber klar werden, dass der Grat zwischen behindert und nicht-behindert papierd체nn ist. Um nun den Behinderten/Alten zu unterstützen, zu schützen und sicherzustellen dass er menschenwürdig leben kann, hat die Gemeinschaft Gesetze und Einrichtungen geschaffen. Dies ist einerseits zu begrüssen, andererseits birgt es auch eine Gefahr. Der Behin

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  3. hallo Susanne,   ich hatte eigentlich gehofft, daß sich hier eine etwas größere Diskussion zum Thema "Behinderte" entwickeln könnte, was ich auch in dieser "offtopic"-Group für ein durchaus sinnvolles Thema halte.   Da hat sich nun bisher nur "Füxchen" gemeldet, allerdings gleich mit einer solchen Aussage, daß wohl keiner so richtig wußte, wie nun damit umzugehen ist. Ich übrigens auch nicht recht.   umso mehr begrüße ich deine anregung und würde gerne mehr hören - mehr über deine nichte, die du uns als ein fröhliches menschenkind vorstellst, das behütet aber frei im kreise der familie aufwachsen darf - und nicht als ein verzweifelt krankes, das in einem heim dahinvegetiert -   Oh, also über meine Nichte gibts nicht viel Neues - bis auf das, daß sie jetzt auf einmal, als "Volljährige", eigenes Geld bekommt (eine Rente). Ihre Eltern, also meine Schwester und mein Schwager, sind natürlich als "Vormünder" auch die "Vermögensverwalter" und haben die ersten Rentenzahlungen dafür genutzt, um ihr ein neues behindertengerechtes Bett zu kaufen. 
     
    mehr 체ber deinen neffen, der mir in der seele leid tut, dass er all seine sch철nen sachen wegr채umen musste, um dir ein mau-mau-spiel abzuluchsen *grins* hoffentlich findet er f체r alles wieder den richtigen platz und f체hlt sich dann wieder wohl in seiner bude *g* - und DAVON h채tt ich eher gern ein bild gesehen *lach*   Nee, das gibts nicht. Aber der Junge ist tatsächlich "hochbegabt" und freut sich im Moment unbändig darauf, daß er im nächsten Schuljahr endlich Physik haben wird. Ich war inzwischen noch dreimal "jobbedingt" in Dresden, und mußte mit ihm (und seinem Vater) unter anderem unbedingt auf den Elbwiesen Fußball spielen.
     
    es w채re doch schon gut, wenn zumindest bei der betreuung hilfeleistungen der kasssen da w채ren und die frage nach einem rollstuhl d체rfte sich eigentlich gar nicht stellen   Tut sie aber. Nachdem Juliane vollj채hrig geworden ist.
     
    es w채re vllt nicht zu unversch채mt, dar체ber n채heres zu erfahren?   Wäre es nicht, aber ich muß da leider passen. Ich will ja nix Falsches erzählen, und was da wirklich im Detail für "Verwaltungsaufwand" von meiner Schwester und meinem Schwager zu erledigen ist, weiß ich selber auch nur in Umrissen, aber nicht wirklich genau. Wenn schon, dann müßte meine Schwester sich dazu äußern. Aber da gibt es (noch) keinen privaten Internetanschluß, und selbst wenn es ihn gäbe, ist fraglich, ob sie sich dazu äußern würde - allerdings ist ihr natürlich bekannt, was ich hier geschrieben habe. Was ich sagen kann, ist allenfalls, daß es enorme Mühe macht, Julianes "Rechte" durchzusetzen. Aber keine Details - weil ich da vermutlich trotz besten Willens was Verkehrtes aussagen könnte.   Eigentlich wollte ich wirklich versuchen, ob es hier möglich ist, ein paar allgemeine Aussagen zu "unserem" Umgang mit Behinderten zusammenzufassen. Ich selber habe ja, wenn auch vor inzwischen sehr vielen Jahren, ein paar Jahre als Pfleger in der Psychiatrie verbracht/gearbeitet - was manchmal enorm anstrengend war, mir aber gewiß nicht geschadet hat. Für mich sind "Behinderte" (egal ob physisch oder psychisch) Menschen, denen ich beim Kennenlernen deutlich mache, daß ich ihre Behinderung bemerkt habe. Und wenn das geklärt ist, sind sie für mich auch nix andres mehr als jeder beliebige andere - ähm, das bitte ich richtig zu verstehen: ich werde also von jemandem, der im Rollstuhl sitzen muß,

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  4. Lieber Amadeus,   auch von mir ein danke fuer deinen beitrag und diskussions anstoss.   Ich selber dachte das fuexchen den menschlichen zwiespalt zu behinderten eigentlich gut beschrieben hat.   Es ist ein schwieriges thema und ich glaube das sich viele nicht aeussern weil sie angst haben durch einen versprecher/schreiber einen negativen eindruck zu geben.   Vor ein paar jahren habe ich in meiner gruppe erzaehlt das in unseren walmart geistig behinderte in der wurstabteilung eingestellt wurden und wie sehr es mich, zu meiner schande, stoerte das diese fuer jede bestellung 3-4 mal soviel zeit brauchten wie "normale" bedienung und hatte mich gefragt ob der einsatz von behinderten in anderen kapatizitaeten - in anderen worten >>> so das die kunden/ich nicht vernachlaessigt werden - besser waere.   "Alle" arbeiter in der wurstabteilung sind sehr stolz auf den sehr freundlichen und selbstbewusten, wenn auch weiterhin langsamen, service den sie geben.   In der zwischenzeit habe ich mich daran gewoehnt fuers einkaufen einfach ein bisschen mehr zeit zu geben (ja ich habe mir ueberlegt ob ich wo anders einkaufen solte) und wenn ich es wirklich eilig habe kaufe ich abgepackte wurst.    Was ich mit dieser geschichte ausdruecken moechte ist was wir alle wissen:) man ist zum glueck faehig sich umgewoehnen;)   Was fuer leistungen einzelnen zustehen ist sicher immer ein schwieriges thema und das die pfleger der betroffenen ihre wenige zeit zum kaempfen fuer mehr benuetzen muessen ist auch nicht richtig.   Wieviel sind wir bereit selber zur unterstuetzung von behinderten zu geben oder auf leistungen die wir als normal sehen zu deren gunsten zu verzichten?   Nur liebes schick ich, Gitty    

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  5. Das ist Mirco
    er ist 33 Jahre alt und lebt hier in unserem Ort in einer Behinderten-Eintichtung.
    Jedes zweites Wochenende wird er von seinen Eltern nach Hause geholt.
    Er wird t채glich mit anderen Bewohnern des Heimes zur Arbeit in die Behinderten-Werkst채tten gefahren.
    Fast t채glich kommt er zu mir ins Gesch채ft um Kaffee zu trinken und Kuchen zu essen.
    Und das jetzt schon seit fast f체nf Jahren.
    Seine Mutter fragte mich damals ob es für mich ein Problem wäre, wenn ich ihren Sohn füttern würde. Das war es nicht, denn meine Schwester hat auch einen behinderten Sohn und ich hatte etwas Erfahrung damit. Seit dieser Zeit bekommt Mirco von mir sein Stückchen Kuchen (manchmal auch `ne Bockwurst) und seine Tasse Kaffee. Auch wenn es mit der Sprache hapert, versteh ich ihn fast immer.
    Er interressiert sich für alles was auf dieser Welt geschieht. Sport, Politik, Musik.......eben alles. Heute erzählte er mir, dass er morgen mit seiner Betreuerin zu irgendeinem Konzert nach Berlin fährt.
    Er war schon ganz aufgeregt.
         
    Ich hab die Einwilligung seiner Eltern, dass ich die Fotos benutzen darf und 체ber ihn auch berichten darf.
    Liebe Grüße sendet euch °°Goldi°°

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