Die Legende vom heiligen Martin
"Mantelteiler", Gänse und Laternen
"Laterne, Laterne, Sonne, Mond und Sterne …" zu diesem Lied laufen Kindergartenknirpse einem Reiter hinterher, stolz die selbst gebastelte Laterne schwingend. Zum Abendessen gibt es eine Martinsgans. Was hat das mit Sankt Martin zu tun, dem Heiligen, der mit dem Bettler seinen Mantel teilt?
Die Geschichte des Heiligen Martinus beginnt eigentlich recht martialisch. Mit 15 Jahren wird er von seinem Vater, einem römischen Tribun, zum Militär geschickt. Der Knabe ist zu dieser Zeit bereits weit rumgekommen: In Pannonien, dem heutigen Ungarn, um 316 geboren, in Pavia, heute Norditalien, aufgewachsen, wird er nun mit der römischen Reiterabteilung in Nordgallien stationiert. Hier trägt sich auch die Episode zu, die ihn später weltberühmt macht.
Erweckungserlebnis
Am Stadttor von Amiens begegnet der junge Soldat im bitterkalten Winter einem frierenden Bettler. Selbst nur in Rüstung und Militärmantel erbarmt er sich des Bittenden. Er teilt seinen Mantel mit dem Schwert und schenkt die Hälfte dem Bettler. In der folgenden Nacht erscheint ihm im Traum Christus mit dem Mantelstück bekleidet. Von da an will sich Martin in den Dienst Gottes stellen und verlässt mit 18 Jahren das Militär.
Der Bischof und die Martinsgans
Er reist weiter durch die Weltgeschichte: missioniert, wirkt Wunder, führt ein Einsiedlerleben und wird getauft. Um 371 wird Martin auf Drängen des Volkes zum Bischof von Tours, im heutigen Frankreich, gewählt. Um sein Bischof-Werden ranken sich weitere Legenden: Er soll sich gegen die Wahl gesträubt haben und versteckt sich im Gänsestall. Doch die Gänse verraten ihn. Eine andere Legende berichtet: Martin habe bereits als Bischof gepredigt, als eine Schar Gänse ins Gotteshaus gewatschelt kommt und seine Rede unterbricht. Die Moral von beiden Überlieferungen: Die Gänse landen am Martinstag, zum Dank oder zur Strafe, im Kochtopf.
Schlachttag
In Wahrheit hat der Brauch wohl einen profaneren Ursprung: Der Martinstag war der Hauptzinstag im Mittelalter. Abgaben an Dienstherren waren zu leisten. Das neue Wirtschaftsjahr der Bauern begann. An diesem Wendepunkt des Jahres wurde das Vieh, das nicht über den Winter gefüttert werden konnte, geschlachtet. So mussten auch die Gänse dran glauben.
Luther und Sankt Martin
Der heilige Martin starb auf einer Missionsreise am 8. November 397 in Candes, im heutigen Frankreich. Wir feiern aber den 11. November als seinen Namenstag. Es ist der Tag seiner Beisetzung, zu der bereits damals eine riesige Menschenmenge herbeistr철mte und der sich bald als Gedenktag etablierte. Selbstgebastelte Laternen hatten die damaligen Grabespilger allerdings noch nicht dabei. Zu diesem Brauch kam es viel sp채ter.
Der Martinskult hatte sich durch die Ausdehnung des Fränkischen Reichs besonders in Thüringen und im Harz verankert. Hier vermischte er sich mit einem Fest, dass am Geburtstag Martin Luthers, dem 10. November, in Erfurt gefeiert wurde: Am Abend des Luther-Ehrentages, der gleichzeitig der Vorabend des Festes seines Namenspatrons ist, versammelten sich Kinder mit Papierlaternen zum Gedenken des Reformators auf dem Domplatz. Die Traditionen vermengten sich und wurden gerne auch von der katholischen Kirche einverleibt. So ist der Martinsumzug heute auch Teil ihrer Lichtsymbolik, die sich vom Allerseelentag über den Winter bis Lichtmess im Februar erstreckt.
Nicht hoch zu Ross
Vom Martin als Reiter zu Pferde, wie wir ihn von unseren Umzügen kennen, sprechen die frühsten Quellen allerdings noch nicht. Es ist eine Pose, in der Helden der römischen Kunst gerne dargestellt wurden. Sie wurde auf den Heiligen übertragen. Der Bildtyp wird imitiert, die Aussage verändert: Martin tötet nicht den Unterlegenen, sondern gewinnt selbst durch seine Heldentat das ewige Leben.
(Quelle)
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